Es ist das Jahr 2130 und die Phantasie ist so gut wie ausgelöscht, die Ideenfabrik steht über allem. Doch der Mangel an Phantasie ist das große Problem, die Ideen bleiben aus, der Ideenfabrikant (Ben Becker) gerät immer mehr in Bedrängnis. Dann droht der der Weltbotschaftler Dr. Webwablü (Hans Neuenfels) auch noch seinen Besuch an, denn der Ausschuss der Ideenfabrik ist einfach viel zu hoch. Wird Dr. Webwablü sie vielleicht sogar schließen lassen oder wird es noch die rettende Idee geben? Plötzlich ist die Phantasie doch wieder sehr gefragt!
- Meinung -
Der Autor Wolfsmehl scheint selber sowas wie eine personifizierte Ideenfabrik zu sein, denn er hat in diesem Fall eine Geschichte verfasst, die sich erneut von all seinen anderen Werken abhebt und ihre ganz eigenen Ansätze zu bieten hat. Hier geht es um den sogenannten "phantastischen Realismus" und die gigantischen Bauten der Ideenfabrik werden durch die lautmalerischen Beschreibungen vor dem geistigen Auge der Hörerschaft lebendig. Wuchtig, furchteinflößend, aber auch kalt und unheimlich kommt diese Fabrik rüber und wirkt wie ein grauenvolles Dystopia, das hoffentlich niemals Realität werden wird. Teilweise habe ich mir auch eine Art Animationsfilm vorgestellt, den Moebius oder Frazetta in Szene hätten setzen können oder eine Reihe von Bildern Dalis kombiniert oder Dantes Inferno. Diese Geschichte ist eine Mischung aus all diesen Komponenten, un- und außergewöhnlich, teilweise sogar verstörend. Eine knappe Stunde niveauvolle Unterhaltung, mit künstlerischem Anstrich versehen und dazu wird der Medienlandschaft der Spiegel vorgehalten, sehr interessant.
Die Besetzungsliste ist kurz und mindestens so ungewöhnlich wie die Geschichte an sich. Ben Becker ist hier Erzähler und der Ideenfabrikant zugleich und das verleiht dieser Produktion schon fast den Anstrich einer Lesung, da er logischerweise den meisten Text zu bewältigen hat. Mit seiner tiefen, brummenden Stimme zieht er die Hörerschaft ganz gekonnt und souverän in seinen Bann und ihm zu lauschen ist ein Genuss. Ihm stehen mit Konrad Halver auch gleichzeitig der Regisseur als Sprecherkollege zur Seite und er ist auch gleichzeitig der einzige weitere bekannte Name, was die Sprecherzunft betrifft. Trotzdem ist seine Rolle als Produktionsleiter Orplid recht klein gehalten, doch Halver macht das Beste daraus und überzeugt in dieser Rolle als Untertan des mächtigen Fabrikanten. Mit Hans Neuenfels, Prof. Ernst Fuchs und Wolfsmehl sind eher Künstler am Werk, die sich bisher nicht Sprecher ausgezeichnet haben und ihre Profession eher in anderen Bereichen gefunden haben. Doch sie hinterlassen allesamt einen positiven Eindruck und an diesem Bereich gibt es nichts auszusetzen.
Lediglich bei der Untermalung hätte ich mir gezieltere und besser integriertere Einsätze der ausgewählten Musiken gewünscht. Klassische Klänge werden verwendet, doch das alles wirkt zu gewollt und zu sehr auf Kunst getrimmt. Das klingt teilweise so, als hätte man die Musiken einfach ins Hörspiel geworfen, ein weniger hölzerner Einbau hätte mehr Sinn gemacht. Sicher, schlecht ist die Untermalung nicht und es kommt auch reichlich Atmosphäre auf, schließlich entstehen die Bilder vor dem geistigen Auge ohne Probleme, aber Luft nach oben ist hier noch genug vorhanden.
Nicht für den Otto-Normal-Hörer von nebenan gedacht, eine nicht gerade einfache Geschichte, die alles andere als heiter ist und zum Nachdenken anregen soll. Gekonnt inszeniert und vorgetragen, eine Ausnahmeproduktion, die all denen empfohlen werden kann, die eine Affinität für das Außergewöhnliche mitbringen und sich dem "phantastischen Realismus" hingeben wollen.
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