Mario Vargas Llosa
- Tante Julia und der Kunstschreiber -
(Der Hörverlag)

Captain Blitz urteilt:

Mario (André Jung) ist 18 Jahre jung und ein große Fan der Hörspiel-Seifenopern, die im Radio laufen. So kommt es, dass Mario Nachrichtenredakteur bei Radio Central wird und dort arbeitet auch sein Idol, der Hörspielautor Pedro Camacho (Christoph Bantzer). Mario lauscht nicht nur gerne diesen Geschichten, er möchte Camacho auch unbedingt kennenlernen. Außerdem verliebt er sich noch in seine Tante Julia, doch das könnte einen echten Skandal geben, wenn jemand davon erfährt!

- Meinung -

Zunächst dachte ich, dass es sich hier nur um ein Kunsthörspiel handeln kann, wenn es auf einer Vorlage eines Nobelpreisträgers basiert und dann wird das Werk auch noch auf satten 10 CDs mit einer Spielzeit von knapp über 12 Stunden präsentiert. Doch die Sorge war absolut unbegründet, denn was hier geboten wird, das hat mich gut bis sehr gut unterhalten. Immer wieder wird die Geschichte rund um das recht skandalöse Verhältnis Marios mit seiner Tante Julia mit den Audionovelas von Pedro Camacho aufgelockert, die wiederum auch den jeweiligen Zustand Camachos wiederspiegeln. Mal recht ernst und auch anprangernd, dann wieder sehr komisch und stellenweise sogar albern. Eine bunte Mischung, sehr amüsant zusammengestellt und geschrieben und die Geschichte rund um die Liebelein zwischen Julia und Mario haben auch ihren Reiz und Charme, die Reaktionen ihrer Umwelt auf die ungleiche Beziehungen haben auch eine große Bandbreite und alles in allem gehen die 724 Minuten doch verhältnismäßig schnell rum. Im Mittelteil geht es zwar mal etwas tempoärmer zu, aber von Längen würde ich nicht unbedingt reden. Alles in allem eine sehr schöne, opulente und bildgewaltige Geschichte, die durchaus auch an die Straßenfeger der 50er erinnert, gleichzeitig eine Hommage an das Hörspiel darstellt und mich rundum gut unterhalten hat.

Das Schweizer Radio hat eine sehr große Riege mit dieser Geschichte beschäftigt, was aber auch absolut kein Wunder ist, wollen schließlich ich eine ganze Reihe von Charakteren zum Leben erweckt werden. Das gelingt dem Regisseur Claude Pierre Salmony auch wunderbar, die Besetzungen sind klasse und auch wenn mir persönlich die meisten Namen nicht unbedingt was sagen, so spielt das nur untergeordnet eine Rolle, viel interessanter snd dagegen die Darbietungen und die sind wirklich stark. Wie bereits erwähnt, nicht selten hat man das Gefühl, dass es sich bei dieser Produktion um einen vergessenen Straßenfeger handelt. Die Art und Weise, wie die Sprecher agieren, der Klang der Sprache, das hört sich alles sehr stark nach den Produktionen der 50er an, wirklich toll gemacht und so ist es auch kein Wunder, dass dieses Hörspiel ebenfalls wie aus dieser Zeit klingt. Durchweg überzeugende, mitreißende und charmante Peformances, mit viel Herz und Leidenschaft gespielt und gesprochen, einfach klasse.

Südamerika lebt hier auf, die eingesetzten und verwendeten Musiken könnten stimmungsvoller kaum sein und dazu hat auch nochmal jedes eingespielte Hörspiel von Pedro Camacho seinen eigenen Klang. Es wurde also sehr auf Details und Feinheiten geachtet, das macht sich auch bezahlt, denn jede Szene kommt äußerst atmosphärisch rüber und es ist schon keine leichte Sache, wenn man zum einen Radiohörspiele aus den 50ern aufleben lassen will, auf der anderen Seite aber auch noch den Rahmen um diese Hörspiele ebenfalls wie einen Straßenfeger klingen lassen möchte. Doch das gelingt den Machern und im Booklet findet man ein Making of zum Hörspiel und wenn man das gelesen hat, dann weiß man auch warum es den Beteiligten gelungen ist. Ein riesiger Aufwand, der sich am Ende aber auch absolut gelohnt hat.

Ein schönes, interessantes und ungewöhnliches Werk, das mir aber außerordentlich gut gefallen hat, aber wem empfiehlt man diese Produktion? Ich würde schon auf die Fans und Freunde von Straßenfegern abzielen, die es gerne opulenter und ausführlicher mögen, dazu wird noch eine Liebesgeschichte geboten, eine Ode an die Audionovela und das Hörspiel, wirklich schön gemacht.

Der Link:
Der Hörverlag

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