Janne Teller
- Nichts. Was im Leben wichtig ist -
(HörbucHHamburg)

Captain Blitz urteilt:

Pierre Anthon (Kostja Ullmann) setzt sich in den Pflaumenbaum und behauptet, dass nichts im Leben von Bedeutung ist. Die fünf Kinder Agnes, bla, bla und bla sehen das ganz anders und sammeln Dinge, die für sie von Bedeutung sind. In einem stillgelegten Sägewerk tragen sie diese zusammen und errichten einen wahren Berg aus Bedeutung. Doch damit nicht genug, sie gehen noch einen Schritt weiter, die abzuliefernden Dinge werden immer bedeutungsvoller. Die Aktion droht aus dem Ruder zu laufen, es geht immer grausamer zu, ein Ende ist nicht in Sicht.

- Meinung -

Janne Teller hat hier ein Werk abgeliefert, das Grenzen auslotet und zeigt was passieren kann, wenn Menschen ihrer Grausamkeit freien Lauf lassen und der gesunde Menschenverstand versagt bzw. ausgeschaltet wird. Kinder können grausam sein, das wird hier auf beängstigende Art und Weise dargestellt und man will im Prinzip nicht wahrhaben, worauf die ganzen Aktionen letztendlich hinauslaufen, auch wenn es am Anfang bereits gesagt und angedeutet wird. Das Ende ist somit schon bekannt, dennoch baut die Geschichte eine große Faszination und Spannung auf. Stellenweise erinnerte mich Tellers Werk an Goldings "Herr der Fliegen", Parallelen (Kinder in den Hauptrollen, eine ständig größer werdende Grausamkeit, Schweinekopf <-> Hundekopf) lassen sich wohl nicht von der Hand weisen, wobei ich mir sicher bin, dass diese auch beabsichtigt sind. Bewegt sich diese Geschichte um Bedeutungen auf dem gleichen Level wie "Herr der Fliegen"? Schwer zu sagen, doch ich denke mir, dass Janne Tellers Roman auf dem besten Wege dorthin ist, vergessen wird man "Nichts. Was im Leben wichtig ist" wohl nicht. Leonhard Koppelmann hat die Handlung jedenfalls gekonnt adaptiert und die 84 Minuten stellen eine ideale Spielzeit dar, nicht zu kurz, nicht zu lang, die Essenz ist bestens eingefangen worden und die Handlung wird sehr gut ausgespielt. Eines sollte man aber bedenken, für diese Geschichte sollte man durchaus starke Nerven mitbringen, sonst könnte die Suche nach der Bedeutung im Leben für einige Hörer zu hart sein.

Sechs junge Sprecher sind hier zu hören, bei ihnen handelt es sich um unverbrauchte Stimmen und der bekannteste Name in dieser Riege dürfte Kostja Ullmann sein, der Pierre Anthon ganz hervorragend spricht, wobei er stellenweise vielleicht etwas zu alt für diese Rolle klingt, aber man muss auch bedenken, dass jüngere Sprecher die Charaktere nicht so hätten transportieren können, wie es die Handlung erfordert. Es ist aber auch nicht so, dass man stimmlich völlig dem Alter der Charaktere entwachsen ist, es geht hier schon absolut glaubwürdig und überzeugend zu, die Schüler werden sehr gut gesprochen und gespielt. Es lässt sich auch nur sehr schwer jemand hervorheben, Kostja Ullmann zu erwähnen fällt vermutlich aufgrund des Namens sehr leicht, aber damit würde man es sich wohl zu einfach machen, denn er ist ein Teil des Ganzen, denn die Leistungen sind insgesamt bestens, da nehmen sich besagter Kostja Ullmann, Anna Fischer, Carmen Birk, Maike Jüttendonk, Marlon Kittel und Simon Jensen nichts. Sehr kompakt, sehr intensiv vorgetragen, Regisseur Leonhard Koppelmann hat die Fäden hier gekonnt in der Hand gehalten und seine Truppe im Studio geschickt geführt und die dankt es ihm, indem sie die Leistungen abruft, die eine solche Geschichte benötigt.

Lediglich mit der Untermalung bin ich nicht ganz zufrieden, Ulrike Haages Klänge hätten dann doch etwas düsterer ausfallen dürfen, um die Grausamkeiten noch weiter akustisch zu untermauern und zu betonen. Was sie hier abliefert ist zwar alles andere als schlecht, mir persönlich dann aber stellenweise doch etwas zu experimentell und fragmentarisch, teilweise sind es nur Klangfetzen, die sich zwar um eine dichte Atmosphäre bemühen, aber nicht immer zum Ziel führen. Insgesamt fällt dieser Bereich zweckdienlich aus, die recht sparsame Akustik lässt in den Köpfen der Hörerschaft zwar die richtigen Bilder entstehen und man weiß stets was passiert, doch etwas mehr "Fleisch" hätte der Produktion in dieser Hinsicht sicherlich nicht geschadet.

Ein starkes Stück, anders kann man das wohl nicht sagen und auch wenn hier und da durchaus schon mal Stimmen laut geworden sind, dass sich Janne Tellers Werk nicht adäquat in visueller oder auditiver Form umsetzen lassen könnte, so ist es Leonhard Koppelmann aber definitiv gelungen. Ob es sogar das Hörspiel des Jahres ist wird sich zeigen, ein ernstzunehmender Kandidat ist diese Produktion aber sicherlich und ich kann hier nur eine klare und deutliche Empfehlung aussprechen.

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