Raimund Gregorius (Peter Fricke) ist vom Leben des Autors Amadeu de Prado (Erik Schäffler) fasziniert, denn dessen Buch zieht ihn einfach in den Bann. Was für eine wortgewaltige Erzählung, was für ein wortgewaltiger Mann! Raimund setzt sich einfach in den nächsten Zug nach Lissabon und er lässt sein altes Leben als Lehrer hinter sich, um nach Spuren zu suchen. Wird er mehr über den Arzt und Poeten erfahren, der sich damals gegen die Faschisten gekämpft hat? Lebt er vielleicht sogar noch? - Meinung - Pascal Mercier hat eine sehr bedrückende und melancholische Geschichte geschrieben. Der Protagonist Gregorius wirft sein altes Leben über Bord, um der plötzlich aufkommenden Besessenheit nach Informationen über Amadeu de Prado nachzugehen. Macht es Sinn, wenn man so sehr von der Schaffenskraft einer Person besessen ist? Muss man deshalb sein altes Leben hinter sich lassen und ein neues anfangen und bis zur Selbstaufgabe einem Phantom hinterher jagen? Anscheinend muss Gregorius dies und die Inszenierung ist schon eine Klasse für sich, was an Sven Strickers Bearbeitung liegt. Er schafft es, dass diese Reise zu keinem Zeitpunkt langweilig rüberkommt und sogar sowas wie Spannung entwickelt. Es ist besonders eindrucksvoll, dass die doch recht üppige Spielzeit von 166 Minuten so kurzweilig wirkt. Inhaltlich keine einfache Sache, die schon sehr aufs Gemüt schlagen kann, dazu aber mit einer erstklassigen Adaption aufwarten kann.Wer Sven Stricker und seine Arbeiten kennt, der kann sich ja denken, was für eine namhafte Riege hier zum Einsatz kommt. Zahlreiche bekannte Sprecherinnen und Sprecher, wie man sie aus unzähligen Produktionen kennen dürfte und für Fans prominenter Stimmen ist das hier durchaus ein Fest. Das beginnt schon mit dem Erzähler Boris Aljinovic, der eine sehr intensive und einfühlsame Performance abliefert und ganz geschickt durch die Handlung führt, wobei er mir stellenweise doch zu Oft zum Zuge kam und die Produktion hier und da Züge einer inszenierten Lesung bekam. Das gilt auch für den Auftritt von Peter Fricke, der gerne mal Monologe hält, aber eine wirklich starke Leistung abliefert. Das gilt auch für die weiteren bekannten Kolleginnen und Kollegen wie Carmen-Maja Antoni, Ingeborg Kallweit, Victoria Trauttmannsdorff, Jona Mues, Peter Weis, Eckart Dux, Felix von Manteuffel, Hans Sievers und viele weitere, die ihr Handwerk ohne jeden Zweifel verstehen und das Zuhören macht einfach großen Spaß.Wenn Jan-Peter Pflug für die Untermalung zuständig ist, dann kann man sich denken, dass hier stets der richtige Ton getroffen wird. So ist es dann auch und die melancholische Stimmung wird dadurch noch verstärkt und auch die Atmosphäre Lissabons lebt gekonnt auf. Dazu eine dezente, aber auch treffende Geräuschkulisse, an der es nichts auszusetzen gilt.Inhaltlich ein Schwergewicht, das aufs Gemüt schlägt, dazu handwerklich hervorragend umgesetzt, da gibt es nichts zu meckern. Wer melancholische Geschichten und intensive erzählte Schicksale sucht, der ist hier an der richtigen Stelle und sollte sich mit Raimund Gregorius in den Nachtzug nach Lissabon setzen!Der Link:
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