Kurt von Hammerstein (Hans-Michael Rehberg) war bis 1933 Chef der deutschen Armee, doch das sollte sich schlagartig ändern, nämlich mit der Machtübernahme Adolf Hitlers. Von Hammersteins Leben wird genauer unter die Lupe genommen, seine Familie, sein Werdegang und wie er zum Führer stand. Es kam nicht von ungefähr, dass von Hammersteins Kinder gegen Hitler waren und zwei seiner Söhne sogar an den Entmachtungsversuchen mit Stauffenberg beteiligt waren. Doch wer war dieser Kurt von Hammerstein genau?
- Meinung -
Kein Hörspiel im eigentlichen Sinne, aber auch kein Featurette oder Dokuhörbuch. Hier wird die Geschichte des Kurt von Hammerstein und seiner Familie kurz vor der Machtergreifung Hitlers und sein Umgang mit den Ereignissen nach diesem Moment geschildert. Hans Magnus Enzensberger beleuchtet das Leben der von Hammersteins und es fällt einem schwer sich zu entscheiden, wie man zu dem ehemligen Chef der deutschen Armee stehen soll. Sicher, er war nicht das, was man unbedingt ein folgsames Schaf des Naziregimes bezeichnen würde, doch als richtigen Gegner würde ich ihn auch nicht bezeichnen, dafür war er einfach zu passiv und ließ sich zu sehr vom Strom mitziehen. Das gilt auch für die meisten Menschen, die hier neben von Hammerstein vorgestellt werden, man hat unweigerlich das Gefühl, dass sie alle froh waren, als es endlich vorbei war und sie mit möglichst wenig selber angerichtetem Schaden dieser schrecklichen Zeit enkommen sind. Wer sich für die Geschichte um den Zweiten Weltkrieg und die Personen hinter den Kulissen interessiert, der dürfte hier genug Informationen finden, die Aufarbeitung von Enzensberger ist gelungen, er geht ungewöhliche Wege, inszenhiert hier posthume Gespräche, was teilweise natürlich einen morbiden Touch hat, aber anders logischerweise auch nicht möglich war. Dennoch, eine interessante Umsetzung, die uns hier präsentiert wird und trotz einer Spielzeit von 224 Minuten auf 3 CDs nie langweilig wird.
Der Autor spricht nicht selber, er lässt sich sprechen und das ist eine sehr gute Entscheidung, denn Enzensberger wird von Friedhelm Ptok vertreten und der Mann ist als Erzähler einfach eine Bank. Doch er ist nicht nur Erzähler, er "interviewt" ja posthum auch die verschiedenen Personen und auch in der Funktion überzeugt Ptok. Doch das hier ist keine "one man show", wie man vielleicht meinen möchte, es handelt sich hier immerhin noch mehr oder weniger um ein Hörspiel, wobei dieser Begriff auch mit Vorsicht zu genießen ist, da es lange Erzählparts mit Ptok gibt. Dennoch treten hier einige bekannte Namen auf, die für Qualität und Schauspiel stehen und das auch eindrucksvoll beweisen. Ob es nun eine Gisela Trowe, ein Dietmar Mues, ein Jürgen Uter oder ein Klaus Herm ist, das Niveau ist sehr hoch und unter der Regie von Christiane Ohaus liefern alle Sprecher und Sprecherinnen erstklassige Leistungen ab.
Die Untermalung von Michael Riessler sehe ich als zweckdienlich an, wobei sie auch eher dezent ausfällt und immer wieder nur aus Einsätzen verschiedener Instrumente besteht, Geige, Klavier etc., wobei hier mehr Wert auf den richtigen Klang der diversen Räumlichkeiten gelegt wurde, was ich auch als angebracht ansehe. Karge Räume, Krankenhauszimmer, das kann man sich alles sehr gut vorstellen und in der Hinsicht wurde ebenfalls ganze Arbeit geleistet.
Keine leichte Kost und nicht jedermanns Sache, soviel ist klar. Wer aber einen Blick hinter die Kulissen riskieren möchte, der kann dies gerne tun, denn die Vertonung des Lebens des Kurt von Hammerstein ist sehr gut produziert und gibt einen guten Einblick.
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