Er ist ein ehemaliger Pornodarsteller, aber auch nur ehemalig, weil er nach einem Unfall schwerste Verbrennungen am gesamten Körper trägt, sein Geschlechtsmerkmal ist dem Brand ebenfalls zum Opfer gefallen. Eigentlich möchte er nur noch sterben, damit seine Qualen endlich ein Ende haben, doch dann tritt eine Frau namens Marianne Engel in sein Leben und die erzählt ihm eine unglaubliche Geschichte. Angeblich kennen sich die beiden schon seit geraumer Zeit, nämlich seit mehreren hundert Jahren. Ist die Frau einfach nur verrückt oder erzählt sie die Wahrheit?
- Meinung -
Kein leichter Stoff, den Andrew Davidson hier abgeliefert hat und "Gargoyle" lässt sich auch unglaublich schwer einordnen. Ist die Geschichte über den Pornografen und seine Geliebte Fantasy oder Drama? Schwer zu sagen, denn die Gedankengänge, Träume, Visionen und Erzählungen gehen definitiv in Richtung Fantasy, wobei das Schicksal der beiden Protagonisten eher das dramatische Element ausmachen, zusammen aber eine tiefgehende, schwere Geschichte ergeben und es fällt einem schwer zu glauben, dass dies Davidsons Erstling ist. "Gargoyle" hat durchaus das Zeug dazu irgendwann mal als Klassiker in die Literaturgeschichte einzugehen, opulent und gehaltvoll ist dieser Roman definitiv. Spannung ist auch vorhanden, denn man möchte wissen, ob Marianne Engel die Wahrheit erzählt oder ob sie einfach nur eine kranke Person ist, die sich eine Vergangenheit zusammenspinnt und das Brandopfer nur in ihre Welt hineinzieht. Da vergehen selbst die 13 CDs mit einer Spielzeit von fast 1000 Minuten recht zügig, denn die Frage nach dem Schicksal des ungleichen Paares zieht die Hörerschaft dermaßen in den Bann, dass man unbedingt wissen will, was es mit den beiden auf sich hat. Inhaltlich stark, aber auch schwer und sicherlich nicht für jeden Hörer geeignet.
Ein Mann und eine Frau stellen die Hauptcharaktere dar, also hat Regisseur Thomas Krüger auch einen Specher und eine Sprecherin ausgewählt, die diese Geschichte erzählen. Stefan Kaminski und Sascha Icks versüßen der Hörerschaft die 1000 Minuten mit ihrem Können und das machen sie auf beeindruckende Art und Weise. Vor allem Stefan Kaminski beweist einmal mehr, warum er einer der besten Erzähler ist, die es in diesem Bereich gibt. Wie er betont, wie er spielt, wie er verschiedene Charaktere spricht, das ist schon beeindruckend. Das Highlight ist meiner Meinung nach, wenn Kaminski die Schlange im Rückgrat des Brandopfers spricht, da lässt er sein ganzes Können aufblitzen. Ich will nicht sagen, dass Sascha Icks gegenüber Kaminski abfällt, aber er beansprucht nun mal das meiste Spotlight für sich, was an seiner erstklassigen Performance liegt. Icks ist sicherlich nicht schlecht, aber sie liefert eine bodenständigere und ruhigere Darbietung ab, was mit Sicherheit auch an der Rolle der Marianne Engel liegt. Man kann aber froh sein, dass hier ein so starkes Gespann vorträgt und die üppige Spielzeit so gekonnt der Hörerschaft näher bringt, in sprechertechnischer Hinsicht kann man absolut keine Beanstandungen machen.
Eine reine Lesung, aber damit kann man leben, auch wenn es sicherlich nicht verkehrt gewesen wäre, wenn hier und da noch ein paar Musiken oder Geräusche im Einsatz gewesen wären. Doch auch so geht die Produktion absolut in Ordnung, was vor allem an den Leistungen beider Sprecher liegt, die sich wirklich von ihrer besten Seite präsentieren.
Ein Epos, mal Fantasy, mal Drama, aber insgesamt ein beeindruckendes Werk. "Gargoyle" schreit regelrecht nach einer Verfilmung, Andrew Davidson hat einen Erstling nach Maß abgeliefert und die Lesung wird gekonnt von zwei Könnern der Branche vorgetragen. Durchaus empfehlenswert, aber man sollte sich besser im Vorfeld klar sein, dass dies hier ein ziemlich schwerer Stoff ist und keine leichte Unterhaltung. Wer aber eine tiefschürende Geschichte sucht, der ist hier an der richtigen Stelle!
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