Ein Interview mit Daniela Wakonigg von Stimmbuch

25.09.2004

 

Wer sind die Macher hinter dem Label Stimmbuch?

Die Macher von STIMMBUCH sind Peter Harrsch und Daniela Wakonigg, also meine Wenigkeit. Peter Harrsch ist Tonmeister und Musiker und ich bin - tja, wenn man das immer so genau sagen könnte, nennen wir es - Autorin und Regisseurin. Peter Harrsch ist also bei STIMMBUCH für Technik und Musik zuständig, ich für Konzept und Regie. Theoretisch ist das so. Praktisch sieht es allerdings anders aus, da unsere kreativen Ideen während der Produktionen so sehr ineinander greifen und miteinander verzahnt sind, daß man nur von einem gemeinsamen Sounddesign sprechen kann.  

Mit „Spheres of Halloween“ wurde das erste Werk im Vertrieb von Maritim veröffentlicht. Warum gerade ein Atmo-Sampler?

In erster Linie wollten wir einfach mal ausprobieren, ob so etwas als CD funktioniert: nur Geräusche und Musiken, keine Schritte, kein erklärender Sprechertext. Und ich muß sagen, wir waren ziemlich baff, wie gut es funktioniert! Daß die CD so gruselig wird, damit hatten wir nicht gerechnet. Natürlich gab es auch einen pragmatischen Grund, denn selbstverständlich ist eine Soundcollage ohne Texte und Sprecher in der Produktion weniger aufwendig. Gerade für eine Erstproduktion ist das nicht unwichtig.  

Ist „Sounds of Horror & Evil“ der Auftakt zu einer ganzen Reihe?

Es wird bei STIMMBUCH eine eigene Reihe "Sounds" geben. Diese Reihe ist aber thematisch nicht festgelegt. Es wird also nicht nur Grusel-Geräusche geben! Der entscheidende Gedanke bei dieser Reihe ist der kreative Umgang mit Geräuschen, die - jeweils unterschiedlich abgemischt - die unterschiedlichsten Stimmungen erzeugen.

Momentan konzentriert sich STIMMBUCH allerdings auf eine andere Serie: "Stimmbuch Junior" - eine Reihe für Kinder. Das besondere an dieser Reihe ist, daß es hierbei Bilderbuch und CD in einem gibt. Also ein echtes Stimm-Buch. Auf der CD wird der Text von einem Erzähler gesprochen, der die wechselnden Rollen der jeweiligen Geschichte annimmt, und diese Erzählung ist mit Musik und Geräuschen untermalt. Allerdings anders als vergleichbare Produkte auf dem Markt nicht mit lieblos hinter den Text gegossenen Musik-Soßen und Geräusch-Teppichen, sondern mit auf den Punkt genau komponierten Musiken und Geräuscheinsätzen. In so einer Stimmbuch-Mischung steckt viel Arbeit und Liebe und wir hoffen, daß wir uns damit auf dem Markt werden behaupten können. Der erste Titel heißt übrigens "Was heißt Iiih?" und wird noch in diesem Jahr erscheinen. Es geht um einen kleinen Käfer, der wissen will, warum die Menschen ihn "Iiih" nennen.

Kann man in Zukunft von Stimmbuch auch Hörspiele erwarten?

Irgendwann sicherlich...

Momentan würde die Produktion von Hörspielen aber noch zuviel Aufwand für uns bedeuten, darum wird STIMMBUCH erst mal bei der Produktion von Hörbüchern bleiben. Allerdings steckt natürlich hinter unserem Stimmbuch-Konzept der Gedanke, Hörbücher zu machen, die durch die gezielte Untermalung mit Musiken und Geräuschen einen szenischen Charakter und damit schon fast etwas hörspiel-artiges bekommen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit Maritim zustande?

1999 wies mich ein Bekannter darauf hin, daß sich das Hörspiel-Label Maritim neu gegründet hatte. Da ich damals noch jung und ungestüm war und mich nach einem erfolgreichen Studium der Philosophie, Germanistik und Theologie gerade mit hirntötenden Nebenjobs über Wasser hielt, habe ich dort einfach angerufen und gefragt, ob sie nicht zufällig jemanden benötigen, der für sie Hörspielbearbeitungen macht. Ich habe mich mit Carsten Hermann getroffen, wir waren uns sympathisch und da Maritim damals tatsächlich noch nicht viele Bearbeiter hatte, haben wir eine Probearbeit vereinbart. Die habe ich abgeliefert und seitdem mache ich Hörspielbearbeitungen für Maritim.

Als ich dann im vergangenen Jahr mit Peter Harrsch mein eigenes Label STIMMBUCH gegründet habe, war es natürlich naheliegend, daß wir auf der Suche nach Vertriebskanälen den Medienvertrieb Hermann ansprechen.  

Hast du vor Schwarze Serie 4 „Der Magnetiseur“ schon Bearbeitungen gemacht oder war das deine erste Arbeit im Hörspielbereich?

Meine ersten Hörspielbearbeitungen für Maritim waren die Folgen 1+2 der Sherlock Holmes-Reihe - nur sind die beiden aus produktionstechnischen Gründen erst nach dem Magnetiseur erschienen. Das waren die ersten Bearbeitungen, für die ich Geld bekommen habe.

Natürlich habe ich davor aber auch schon Hörspielbearbeitungen und Kurzhörspiele (übrigens ebenso wie Kurzfilm-Drehbücher) geschrieben, die ich im Rahmen des Bürgerfunks mit Laiensprechern selbst realisiert habe - als Autorin, Regisseurin, Tontechnikern und meistens auch noch Sprecherin in Personalunion. Im Bürgerfunk habe ich meine ersten praktischen Erfahrungen mit dem Schreiben und Produzieren von Hörspielen gemacht, nachdem ich vorher mein ganzes Leben lang immer nur Hörspiel-Hörerin war.

Überhaupt hat mich neben dem Schreiben schon immer die Produktionsseite interessiert, über die ich in meinem Job als Hörspiel-Regieassistentin für den WDR in den letzten Jahren einiges gelernt habe.  

Sind jetzt die Schwarze Serie und Sherlock Holmes „deine“ Serien?

Sherlock Holmes empfinde ich schon sehr stark als 'meine' Serie. Das Verhältnis, das man im Laufe mehrerer Drehbücher zu Figuren entwickelt, ist irgendwie mit einer Freundschaft vergleichbar. Man verbringt viel Zeit miteinander, lernt die Eigenarten einer Figur kennen, weiß, wie der andere denkt und redet, was ihn für Themen beschäftigen. Und so eine gewachsene Freundschaft möchte man natürlich nicht aufgeben. Eine ähnliche Freundschaft wird sich hoffentlich auch zwischen mir und Pater Brown entwickeln, denn auch hier habe ich die erste Folge geschrieben, die demnächst bei Maritim erscheinen wird.

Bei der Schwarzen Serie liegt die Sache anders. Da hat jedes Hörspiel andere Figuren und ist in sich abgeschlossen. Außerdem haben ja schon andere Autoren vor mir für diese Serie geschrieben. Der Reiz dieser Serie liegt für mich darin, Klassiker der Literatur in spannende Hörspiele zu verwandeln. Ich freue mich über jeden Klassiker, den ich für diese Serie bearbeiten darf, bin aber auch nicht eifersüchtig, wenn andere Autoren Bearbeitungen für die Schwarze Serie schreiben.

Woher stammen die Musiken und Effekte von „Spheres of Halloween“?

Die Musiken wurden von Peter Harrsch eigens für die CD komponiert. Die Soundeffekte stammen zum Teil 'aus der Konserve', sprich: von handelsüblichen Geräusch-CDs, zum Teil haben wir sie selbst aufgenommen - mitunter sogar unter Einsatz eigener Kräfte und persönlicher Ressourcen. Die Frau, die "Im dunklen Wald der Furcht" von Wölfen gehetzt einmal quer durchs Stereopanorama hechelt, bin zum Beispiel ich. Peter Harrsch ist der Teufel "An den Pforten der Hölle" - in natura hört er sich sympathischer an. Und die gruselige Spieluhr in "Das verwunschene Geisterhaus" hat über meinem Bett gehangen als ich ein Baby war. Viele Leute meinen, das würde einiges erklären...  

Ist Stimmbuch auch schon für die Untermalung diverser Maritim-Produktionen verantwortlich gewesen?

Noch nicht! Aber es gibt schon sehr konkrete Verhandlungen mit Maritim über die akustische Untermalung bzw. Mischung zukünftiger Maritim-Produktionen und über eventuelle Gemeinschaftsproduktionen.

Gibt es Wunschprojekte (Vorlagen, Wunschsprecher etc.)?

Wohl mehr als sich in einem Menschenleben realisieren lassen wird!

Bei vielen Wunschvorlagen muß man leider berücksichtigen, daß eine Vertonung momentan wahrscheinlich wenig Chancen auf dem Markt hätte oder daß sie aus lizenzrechtlichen Gründen zu problematisch wäre.

Was Wunschsprecher angeht, habe ich natürlich viele Stimmen aus meiner Märchen-Cassetten-erfüllten Kindheit oder prominente Sprecher im Ohr. Aber ich entdecke auch immer wieder unter völlig Unbekannten, teilweise sogar im Zug oder auf der Straße total interessante Stimmen, mit denen ich sehr gern etwas machen würde. Nur leider ist es halt noch immer so, daß lieber Hörbücher mit bekannten Sprechern gekauft werden als welche mit Sprechern, von denen noch nie zuvor jemand etwas gehört hat.

Ich bedanke mich für das Interview!

Ich habe zu danken!

Der Link:
Stimmbuch

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