Darf man euch beiden zur
Award-Gurke beglückwünschen? Immerhin ist nicht jedes Label
auch das schlechteste?
Dennis: Ja, vielen Dank. Natürlich
darf man uns beglückwünschen. Natürlich ist es nicht
die traumhafteste Auszeichnung, aber alle male besser als gar nicht
in der Bewertung zu erscheinen. Wobei man natürlich auch davon
ausgehen kann, dass Einige für uns gestimmt haben, die niemals
ein Produkt von uns in ihren Händen hielten.
Michael: Offensichtlich sehen uns viele
mittlerweile in einer Liga mit BMG Europa, Meteor und so weiter. Dafür,
dass es uns erst ein halbes Jahr gibt, ist das eigentlich erstaunlich.
Es gibt ja durchaus das eine oder andere Label, das schon deutlich länger
existiert und noch immer in der "Newcomer"-Sparte steckt.
Außerdem ist uns eine negative Auszeichnung ja angemessen, da
wir schließlich nicht den allerseriösesten Hörspielkatalog
produzieren. Sprich: Würde es die "Titanic" kratzen,
wenn sie als schlechtestes Magazin ausgezeichnet werden würde?
Das Publikum hat euch diesen Award ja "verliehen",
aber welchen Grund seht ihr darin? Fiel denen nichts besseres ein und
hat man einfach euch genommen?
Michael: Da muss ich korrigieren. Die
meisten Publikumsstimmen entfielen auf "Stimmenthaltung" (knapp
19%), wir sind hier nur Vierter geworden. Allerdings haben uns die KRITIKER
eine Gurke verliehen. Warum die das gemacht haben? Tja, gute Frage.
Leider konnte ich nirgendwo auf der "Hörspiel Award"-Seite
entdecken, welche Kriterien denn für die Wahl zum schlechtesten
Label berücksichtigt wurden und es wurde uns auch nicht mitgeteilt.
Ging es um den Inhalt der Hörspiele? Originalität der Produktion?
Technische Qualität? Güte der Sprecher? Gesamte Präsentation?
Keine Ahnung. Wahrscheinlich eine Mischung aus allem plus jeweiliger
subjektiver Kriterien, von denen wir nicht mal zu träumen wagen...
Sagen wir mal so: Wenn es um technische oder sprecherische Fragen geht,
dann wüsste ich nicht, wie man allen Ernstes z.B. BMG Europa statt
FerkelRecords hätte wählen können (vorausgesetzt, man
kennt unsere Produkte, versteht sich). Geht es hingegen eher um inhaltliche
Fragen, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.
Warum der einzelne Kritiker nun für uns gestimmt hat, werden wir
wohl nie erfahren.
Werdet ihr den Award auf eure Produktionen
pappen oder lasst ihr das Thema dann doch lieber unter den Tisch fallen?
Dennis: Wahrscheinlich sind wir die ersten
Gurkenpreisträger, die gleich am nächsten Tag alle Tonträger
mit der Hörspielgurke ausgezeichnet haben. Eine bessere Werbung
gibt es ja gar nicht. Besten Dank an dieser Stelle an Lillebror, der
uns schnell mit der offiziellen Druckvorlage versorgt hat.
Was kommt denn als nächstes von euch oder
habt ihr euch nach dem Award eingeigelt und macht nichts mehr?
Michael: Nee, keine Sorge. Der Award
fällt ja eh in eine recht produktive Zeit. Wir haben ja schon Anfang
des Jahres "Nicht mal die Wahrheit" als Studio- und Livelesung
herausgebracht und haben ganz aktuell die beiden "Durchian"-CDs
und die Single "Brockophil" auf den Markt geworfen. Da bleibt
uns zum Einigeln praktisch gar keine Zeit. Und natürlich werden
wir auch auf die Hörspielgurke angemessen reagieren - so eine Auszeichnung
setzt ja auch gewisse kreative Prozesse in Gang...
Hat man aus eventuellen Fehlern bei früheren
Produktionen gelernt?
Dennis: Nein, es gab keine Fehler. Im
Ernst. Sicher haben sich durch die Bank weg alle Sprecher von Produktion
zu Produktion verbessert. Mit ihnen natürlich auch die Regie. Da
werden mittlerweile Aussprachen kritisiert und immer wieder eingesprochen,
die einem vor ein paar Monaten nicht mal aufgefallen sind.
Michael: Was zuweilen recht nervig für
alle Beteiligten werden kann, aber da muss man halt durch, wenn man
was Vernünftiges produzieren will. Wichtig ist natürlich,
sich erst mal darüber klar zu werden, was genau man eigentlich
will, und dieses dann entsprechend den Sprechern zu vermitteln.
Es sollte doch mal Michael Eickhorsts "Mit
Kind und Sülze" kommen, was ist daraus geworden? Liegt die
Produktion auf Eis?
Michael: Das nicht. Allerdings ist das
Projekt zuletzt etwas in den Hintergrund getreten, da andere Dinge wie
zum Beispiel die Lesung von Dennis' Biographie "Nicht mal die Wahrheit"
Vorrang hatten.
An und für sich befindet sich "Mit Kind und Sülze"
in der Phase der (für uns) sehr aufwändigen Nachbearbeitung,
allerdings werden wir aus technischen Gründen wohl auch einige
Sprecher noch mal einsprechen lassen. Ein bisschen ärgerlich, da
die Sprachaufnahmen eigentlich schon Anfang des Jahres abgeschlossen
waren, aber wir wollen dem Hörer ja letztlich das bestmögliche
Ergebnis bieten.
Also: Das Hörspiel kommt, aber es wird noch eine Weile dauern.
Sprechen wir doch mal das Thema "Durchian"
an. Unverkennbar sind die Parallelen zu Domian, mögt ihr den nicht
oder bietet sich das Format seiner Sendung einfach nur hervorragend
an?
Dennis: Wer mag Domian denn nicht? Dass
Domian das deutsche Talkradio revolutioniert hat, wird man wohl schwerlich
abstreiten können. Nichts anderes haben wir seit 2002 mit "Durchian"
erreicht. Wenn auch in einer etwas anderen Richtung.
Michael: Es gab Zeiten, da habe ich mir
die Sendung jede Nacht angehört und sogar aufgezeichnet, wenn ich
am nächsten Morgen früh raus musste. Solches "Fantum"
inspiriert natürlich und so schrieb ich vor ein paar Jahren zusammen
mit meinem Cousin eine Reihe von Parodien, bei denen ich dann hinterher
den halbwegs seriösen Talkmaster sprach, während er die durchen
Anrufer verkörperte. Bei "Durchian" ist es nun genau
andersherum: Durcher Talkmaster und... äh, na ja... genau genommen
hat sich nicht ALLES geändert. Die Anrufer sind immer noch durch,
wenn auch lange nicht so sehr wie Ede. Und vor allem: Alle Gespräche
sind improvisiert, was dem Ganzen weitaus mehr Atmosphäre und Authentizität
verleiht. Domian ist natürlich weiterhin das große Vorbild,
aber der eine oder andere ironische Seitenhieb kann ja nicht schaden...
Wovon handelt eigentlich das angekündigte
Special "Brockophil"?
Michael: Zunächst einmal ist es
der erste musikalische Auswurf von FerkelRecords. Norbert Böker
hat einen Text aus meiner Feder vertont, den ich zeitgleich zu "Kommissar
Zufall 1 - Mord an den Städtischen Bühnen" niederschrieb
und damals sogar auszugsweise veröffentlichte (wo bloß?).
Die außergewöhnliche Begabung eines atemberaubenden Klangkünstlers
musste einfach einmal im angemessenen Rahmen gewürdigt werden.
Da wir aber keinen atemberaubenden Klangkünstler auftreiben konnten,
kam doch wieder unsere Allzweckwaffe Böker zum Einsatz. Und liefert
natürlich wie immer allerfeinstes Geschmeide ab.
Inhaltlich geht es um die Vertonung einer bestimmten - eher unappetitlichen
- Krankheit, auf die ich hier aber nicht näher eingehen möchte,
da ja zur Zeit noch das Gewinnspiel läuft, in dem gemutmaßt
werden soll, wie sich diese Krankheit äußert. Es gibt darüber
hinaus auch noch eine Folge von "Durchian" zum gleichen Thema
auf der Mini-CD, die ungefähr drei mal so lang ist wie der Hauptsong...
Wird es bald mal wieder eine Meldung von Kommissar
Zufall geben? Immerhin ist er doch sowas wie die Galionsfigur des Labels.
Dennis: Hmm, das wird er gerne hören,
der Herr Kommissar. Das Problem ist, dass für mich als Autor der
gute Kommissar Zufall etwas nach hinten gerückt ist, da ich die
beiden folgenden Teile ja schon einmal produziert hatte und mich etwas
schwer tue, diese noch einmal zu machen. Natürlich wird "Kommissar
Zufall" noch weitergehen, allerdings werde ich mich 2003 erst um
ein paar andere Projekte kümmern. Eine Fortsetzung ist aber auf
jeden Fall noch für 2003 geplant, aber die Vergangenheit hat gezeigt,
dass man nichts fest zusagen sollte. Sagen wir es mal so: Ich würde
gerne einen "Zufall" im Jahr 2003 schreiben, mal sehen.
Wird es in Zukunft mal den einen oder anderen
bekannten Sprecher in den Produktionen von FerkelRecords geben?
Michael: Vielleicht, aber wir streben
das nicht allzu sehr an. Der eigentliche Reiz liegt für uns eher
darin, mit einer bestimmten Gruppe von motivierten und talentierten
Sprechern die verschiedensten, eigenständigen Hörspiele aufzunehmen
und daran gemeinsam zu wachsen. Vielleicht kann man das ein wenig mit
dem "Frühstyxradio" vergleichen, das schon viele mit
uns assoziiert haben. Inhaltlich gibt es da zwar sehr große Unterschiede
und Hörspiele haben die damals ja auch keine produziert, aber das
Prinzip ist übertragbar: Der Hörer kennt nach kurzer Zeit
die jeweiligen Sprecher und ist gespannt, in welchen Rollen er den einen
oder anderen bei der nächsten Produktion wiederhören wird.
Außerdem steht der Inhalt weitaus stärker im Vordergrund,
wenn man auf die großen Namen verzichtet.
Andererseits könnte es aber auch reizvoll sein, einen prominenten
Kurzauftritt pointiert einzusetzen. In der Form könnte ich mir
das gut vorstellen, aber generell steht der Gemeinschaftsgedanke im
Vordergrund.
Denken wir mal in die anderen Richtung, wird
es auch mal die Möglichkeit für Forenbesucher und Fans geben
an einer Produktion teilzunehmen?
Dennis: Hmm, eine gute Frage. Generell
kann man sowas ja nicht sagen, nur, weil man irgendwelchen Vollbunken
einen Kollektivzugehörigkeitsgefallen tun will, sollte man es lieber
nicht tun. Aber prinzipiell mit Sicherheit. Kollege Skraal ist zumindest
bei "Kommissar Zufall 2" dabei. Im Jahr 2006 :)
Michael: Aber nur, wenn dann auch sein
richtiger Name im Booklet erscheint...
Möchtet ihr euch zur finanziellen Lage
des Labels äußern? Sieht es positiv aus oder bleiben die
Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurück?
Michael: Wir sind ohnehin in der glücklichen
Lage, nicht vom Label leben zu müssen... könnten es aber auch
nicht, haha. Nee, niemand hat jetzt gleich zu Beginn den gigantischen
kommerziellen Erfolg erwartet, das wäre bei den sehr speziellen
Produkten, die wir anbieten, wohl auch nicht so ohne Weiteres möglich.
Aber: Wir haben keine Verluste und genug Geld für unsere zukünftigen
Produktionen eingenommen - und das ist schon mal ein guter Anfang!
Rückblickend würde ich sagen: Die Verkaufszahlen waren zwar
höher als erwartet, die diversen Ausgaben aber auch...
Gibt es eigentlich noch
Verbindungen zu teutoRADIO oder ist das ein Kapitel der Vergangenheit?
Dennis: Ein Kapitel der Vergangenheit
ist es ja auf jeden Fall, da wir nicht mehr dort tätig sind. Seit
wir zum 1. Januar 2003 gekündigt haben, haben wir auch zum Großteil
der Crew keinen Kontakt mehr und auch nicht das Studio besucht. Es gab
zu den aktiven Zeiten einen engen Kontakt zu einigen Leuten, der besteht
natürlich auch weiterhin. Aber alles in allem kann man schon sagen,
dass diese Beziehungen doch bei unregelmäßigem Kontakt langsam
einschlafen.
Wie sieht es in Zukunft mit einem Vertrieb
aus? Wird FerkelRecords irgendwann mal über das Internet hinaus
wachsen?
Michael: Irgendwann sicher mal. Aber
hier gilt es auch nichts zu überstürzen. Da gibt es vorher
sicher noch genug an den eigenen Werken zu verbessern, bevor man richtig
einen auf dicke Hose macht. Und bis dahin sind wir eher daran interessiert,
uns übers Internet und auf regionaler Ebene eine treue Fangemeinde
aufzubauen, die mit uns durch dick und dünn geht. Im Internet natürlich
vor allem durch "dick", denn die meisten, die den ganzen Tag
vorm PC sitzen, schleppen ja 'ne ganz ordentliche Kiste mit sich rum...
Und wenn wir dann eines Tages doch mit professionellen Produktionen
und Exklusiv-Deal in den Kaufhäusern ausliegen... wird uns besagte
Fangemeinde hassen, weil wir zu kommerziell geworden sind...
Ein paar abschließende Worte?
Dennis: Höjeejoooo!
Michael: Wie wir alle immer hören,
geht es der Wirtschaft schlecht. Und die Wirtschaft kann nur angekurbelt
werden, wenn wir alle konsumieren. Also konsumiert, Freunde, und kauft
euch z.B. unsere Hörspiele... oder die neuen "Durchians"...
oder die "Brockophil"-Single... oder unsere Hörspiele
auf wiederbespielbaren CDs für alle die, die sie nicht ausstehen
können und nachher löschen möchten... oder...
Ich bedanke mich für das Interview.
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