Ein Interview mit den Machern von FerkelRecords

18.03.2003

 

Darf man euch beiden zur Award-Gurke beglückwünschen? Immerhin ist nicht jedes Label auch das schlechteste?

Dennis: Ja, vielen Dank. Natürlich darf man uns beglückwünschen. Natürlich ist es nicht die traumhafteste Auszeichnung, aber alle male besser als gar nicht in der Bewertung zu erscheinen. Wobei man natürlich auch davon ausgehen kann, dass Einige für uns gestimmt haben, die niemals ein Produkt von uns in ihren Händen hielten.

Michael: Offensichtlich sehen uns viele mittlerweile in einer Liga mit BMG Europa, Meteor und so weiter. Dafür, dass es uns erst ein halbes Jahr gibt, ist das eigentlich erstaunlich. Es gibt ja durchaus das eine oder andere Label, das schon deutlich länger existiert und noch immer in der "Newcomer"-Sparte steckt. Außerdem ist uns eine negative Auszeichnung ja angemessen, da wir schließlich nicht den allerseriösesten Hörspielkatalog produzieren. Sprich: Würde es die "Titanic" kratzen, wenn sie als schlechtestes Magazin ausgezeichnet werden würde?


Das Publikum hat euch diesen Award ja "verliehen", aber welchen Grund seht ihr darin? Fiel denen nichts besseres ein und hat man einfach euch genommen?

Michael: Da muss ich korrigieren. Die meisten Publikumsstimmen entfielen auf "Stimmenthaltung" (knapp 19%), wir sind hier nur Vierter geworden. Allerdings haben uns die KRITIKER eine Gurke verliehen. Warum die das gemacht haben? Tja, gute Frage. Leider konnte ich nirgendwo auf der "Hörspiel Award"-Seite entdecken, welche Kriterien denn für die Wahl zum schlechtesten Label berücksichtigt wurden und es wurde uns auch nicht mitgeteilt. Ging es um den Inhalt der Hörspiele? Originalität der Produktion? Technische Qualität? Güte der Sprecher? Gesamte Präsentation? Keine Ahnung. Wahrscheinlich eine Mischung aus allem plus jeweiliger subjektiver Kriterien, von denen wir nicht mal zu träumen wagen...
Sagen wir mal so: Wenn es um technische oder sprecherische Fragen geht, dann wüsste ich nicht, wie man allen Ernstes z.B. BMG Europa statt FerkelRecords hätte wählen können (vorausgesetzt, man kennt unsere Produkte, versteht sich). Geht es hingegen eher um inhaltliche Fragen, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus.
Warum der einzelne Kritiker nun für uns gestimmt hat, werden wir wohl nie erfahren.


Werdet ihr den Award auf eure Produktionen pappen oder lasst ihr das Thema dann doch lieber unter den Tisch fallen?

Dennis: Wahrscheinlich sind wir die ersten Gurkenpreisträger, die gleich am nächsten Tag alle Tonträger mit der Hörspielgurke ausgezeichnet haben. Eine bessere Werbung gibt es ja gar nicht. Besten Dank an dieser Stelle an Lillebror, der uns schnell mit der offiziellen Druckvorlage versorgt hat.


Was kommt denn als nächstes von euch oder habt ihr euch nach dem Award eingeigelt und macht nichts mehr?

Michael: Nee, keine Sorge. Der Award fällt ja eh in eine recht produktive Zeit. Wir haben ja schon Anfang des Jahres "Nicht mal die Wahrheit" als Studio- und Livelesung herausgebracht und haben ganz aktuell die beiden "Durchian"-CDs und die Single "Brockophil" auf den Markt geworfen. Da bleibt uns zum Einigeln praktisch gar keine Zeit. Und natürlich werden wir auch auf die Hörspielgurke angemessen reagieren - so eine Auszeichnung setzt ja auch gewisse kreative Prozesse in Gang...


Hat man aus eventuellen Fehlern bei früheren Produktionen gelernt?

Dennis: Nein, es gab keine Fehler. Im Ernst. Sicher haben sich durch die Bank weg alle Sprecher von Produktion zu Produktion verbessert. Mit ihnen natürlich auch die Regie. Da werden mittlerweile Aussprachen kritisiert und immer wieder eingesprochen, die einem vor ein paar Monaten nicht mal aufgefallen sind.

Michael: Was zuweilen recht nervig für alle Beteiligten werden kann, aber da muss man halt durch, wenn man was Vernünftiges produzieren will. Wichtig ist natürlich, sich erst mal darüber klar zu werden, was genau man eigentlich will, und dieses dann entsprechend den Sprechern zu vermitteln.


Es sollte doch mal Michael Eickhorsts "Mit Kind und Sülze" kommen, was ist daraus geworden? Liegt die Produktion auf Eis?

Michael: Das nicht. Allerdings ist das Projekt zuletzt etwas in den Hintergrund getreten, da andere Dinge wie zum Beispiel die Lesung von Dennis' Biographie "Nicht mal die Wahrheit" Vorrang hatten.
An und für sich befindet sich "Mit Kind und Sülze" in der Phase der (für uns) sehr aufwändigen Nachbearbeitung, allerdings werden wir aus technischen Gründen wohl auch einige Sprecher noch mal einsprechen lassen. Ein bisschen ärgerlich, da die Sprachaufnahmen eigentlich schon Anfang des Jahres abgeschlossen waren, aber wir wollen dem Hörer ja letztlich das bestmögliche Ergebnis bieten.
Also: Das Hörspiel kommt, aber es wird noch eine Weile dauern.


Sprechen wir doch mal das Thema "Durchian" an. Unverkennbar sind die Parallelen zu Domian, mögt ihr den nicht oder bietet sich das Format seiner Sendung einfach nur hervorragend an?

Dennis: Wer mag Domian denn nicht? Dass Domian das deutsche Talkradio revolutioniert hat, wird man wohl schwerlich abstreiten können. Nichts anderes haben wir seit 2002 mit "Durchian" erreicht. Wenn auch in einer etwas anderen Richtung.

Michael: Es gab Zeiten, da habe ich mir die Sendung jede Nacht angehört und sogar aufgezeichnet, wenn ich am nächsten Morgen früh raus musste. Solches "Fantum" inspiriert natürlich und so schrieb ich vor ein paar Jahren zusammen mit meinem Cousin eine Reihe von Parodien, bei denen ich dann hinterher den halbwegs seriösen Talkmaster sprach, während er die durchen Anrufer verkörperte. Bei "Durchian" ist es nun genau andersherum: Durcher Talkmaster und... äh, na ja... genau genommen hat sich nicht ALLES geändert. Die Anrufer sind immer noch durch, wenn auch lange nicht so sehr wie Ede. Und vor allem: Alle Gespräche sind improvisiert, was dem Ganzen weitaus mehr Atmosphäre und Authentizität verleiht. Domian ist natürlich weiterhin das große Vorbild, aber der eine oder andere ironische Seitenhieb kann ja nicht schaden...


Wovon handelt eigentlich das angekündigte Special "Brockophil"?

Michael: Zunächst einmal ist es der erste musikalische Auswurf von FerkelRecords. Norbert Böker hat einen Text aus meiner Feder vertont, den ich zeitgleich zu "Kommissar Zufall 1 - Mord an den Städtischen Bühnen" niederschrieb und damals sogar auszugsweise veröffentlichte (wo bloß?). Die außergewöhnliche Begabung eines atemberaubenden Klangkünstlers musste einfach einmal im angemessenen Rahmen gewürdigt werden. Da wir aber keinen atemberaubenden Klangkünstler auftreiben konnten, kam doch wieder unsere Allzweckwaffe Böker zum Einsatz. Und liefert natürlich wie immer allerfeinstes Geschmeide ab.
Inhaltlich geht es um die Vertonung einer bestimmten - eher unappetitlichen - Krankheit, auf die ich hier aber nicht näher eingehen möchte, da ja zur Zeit noch das Gewinnspiel läuft, in dem gemutmaßt werden soll, wie sich diese Krankheit äußert. Es gibt darüber hinaus auch noch eine Folge von "Durchian" zum gleichen Thema auf der Mini-CD, die ungefähr drei mal so lang ist wie der Hauptsong...


Wird es bald mal wieder eine Meldung von Kommissar Zufall geben? Immerhin ist er doch sowas wie die Galionsfigur des Labels.

Dennis: Hmm, das wird er gerne hören, der Herr Kommissar. Das Problem ist, dass für mich als Autor der gute Kommissar Zufall etwas nach hinten gerückt ist, da ich die beiden folgenden Teile ja schon einmal produziert hatte und mich etwas schwer tue, diese noch einmal zu machen. Natürlich wird "Kommissar Zufall" noch weitergehen, allerdings werde ich mich 2003 erst um ein paar andere Projekte kümmern. Eine Fortsetzung ist aber auf jeden Fall noch für 2003 geplant, aber die Vergangenheit hat gezeigt, dass man nichts fest zusagen sollte. Sagen wir es mal so: Ich würde gerne einen "Zufall" im Jahr 2003 schreiben, mal sehen.


Wird es in Zukunft mal den einen oder anderen bekannten Sprecher in den Produktionen von FerkelRecords geben?

Michael: Vielleicht, aber wir streben das nicht allzu sehr an. Der eigentliche Reiz liegt für uns eher darin, mit einer bestimmten Gruppe von motivierten und talentierten Sprechern die verschiedensten, eigenständigen Hörspiele aufzunehmen und daran gemeinsam zu wachsen. Vielleicht kann man das ein wenig mit dem "Frühstyxradio" vergleichen, das schon viele mit uns assoziiert haben. Inhaltlich gibt es da zwar sehr große Unterschiede und Hörspiele haben die damals ja auch keine produziert, aber das Prinzip ist übertragbar: Der Hörer kennt nach kurzer Zeit die jeweiligen Sprecher und ist gespannt, in welchen Rollen er den einen oder anderen bei der nächsten Produktion wiederhören wird. Außerdem steht der Inhalt weitaus stärker im Vordergrund, wenn man auf die großen Namen verzichtet.
Andererseits könnte es aber auch reizvoll sein, einen prominenten Kurzauftritt pointiert einzusetzen. In der Form könnte ich mir das gut vorstellen, aber generell steht der Gemeinschaftsgedanke im Vordergrund.


Denken wir mal in die anderen Richtung, wird es auch mal die Möglichkeit für Forenbesucher und Fans geben an einer Produktion teilzunehmen?

Dennis: Hmm, eine gute Frage. Generell kann man sowas ja nicht sagen, nur, weil man irgendwelchen Vollbunken einen Kollektivzugehörigkeitsgefallen tun will, sollte man es lieber nicht tun. Aber prinzipiell mit Sicherheit. Kollege Skraal ist zumindest bei "Kommissar Zufall 2" dabei. Im Jahr 2006 :)

Michael: Aber nur, wenn dann auch sein richtiger Name im Booklet erscheint...


Möchtet ihr euch zur finanziellen Lage des Labels äußern? Sieht es positiv aus oder bleiben die Verkaufszahlen hinter den Erwartungen zurück?

Michael: Wir sind ohnehin in der glücklichen Lage, nicht vom Label leben zu müssen... könnten es aber auch nicht, haha. Nee, niemand hat jetzt gleich zu Beginn den gigantischen kommerziellen Erfolg erwartet, das wäre bei den sehr speziellen Produkten, die wir anbieten, wohl auch nicht so ohne Weiteres möglich. Aber: Wir haben keine Verluste und genug Geld für unsere zukünftigen Produktionen eingenommen - und das ist schon mal ein guter Anfang!
Rückblickend würde ich sagen: Die Verkaufszahlen waren zwar höher als erwartet, die diversen Ausgaben aber auch...


Gibt es eigentlich noch Verbindungen zu teutoRADIO oder ist das ein Kapitel der Vergangenheit?

Dennis: Ein Kapitel der Vergangenheit ist es ja auf jeden Fall, da wir nicht mehr dort tätig sind. Seit wir zum 1. Januar 2003 gekündigt haben, haben wir auch zum Großteil der Crew keinen Kontakt mehr und auch nicht das Studio besucht. Es gab zu den aktiven Zeiten einen engen Kontakt zu einigen Leuten, der besteht natürlich auch weiterhin. Aber alles in allem kann man schon sagen, dass diese Beziehungen doch bei unregelmäßigem Kontakt langsam einschlafen.


Wie sieht es in Zukunft mit einem Vertrieb aus? Wird FerkelRecords irgendwann mal über das Internet hinaus wachsen?

Michael: Irgendwann sicher mal. Aber hier gilt es auch nichts zu überstürzen. Da gibt es vorher sicher noch genug an den eigenen Werken zu verbessern, bevor man richtig einen auf dicke Hose macht. Und bis dahin sind wir eher daran interessiert, uns übers Internet und auf regionaler Ebene eine treue Fangemeinde aufzubauen, die mit uns durch dick und dünn geht. Im Internet natürlich vor allem durch "dick", denn die meisten, die den ganzen Tag vorm PC sitzen, schleppen ja 'ne ganz ordentliche Kiste mit sich rum...
Und wenn wir dann eines Tages doch mit professionellen Produktionen und Exklusiv-Deal in den Kaufhäusern ausliegen... wird uns besagte Fangemeinde hassen, weil wir zu kommerziell geworden sind...


Ein paar abschließende Worte?

Dennis: Höjeejoooo!

Michael: Wie wir alle immer hören, geht es der Wirtschaft schlecht. Und die Wirtschaft kann nur angekurbelt werden, wenn wir alle konsumieren. Also konsumiert, Freunde, und kauft euch z.B. unsere Hörspiele... oder die neuen "Durchians"... oder die "Brockophil"-Single... oder unsere Hörspiele auf wiederbespielbaren CDs für alle die, die sie nicht ausstehen können und nachher löschen möchten... oder...


Ich bedanke mich für das Interview.


Der Link:
FerkelRecords

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